Ein neuer Gastautor Waldhexe

Elias am Kreuz – Teil 1

Elias kam von einer Radtour nach Hause zurück. Er war in der Gegend herumgefahren und war seinen Gedanken nachgegangen. Er lebte in einem alten restaurierten Bauernhof draußen vor dem Dorf. Kurz nach dem Verschwinden seiner Schwester hatte er in der staatlichen Lotterie einen sehr hohen Gewinn erzielt. Seitdem war er Multimillionär. Heute war er zweiundzwanzig und er genoss sein Leben in Freiheit in vollen Zügen.

Er war froh gewesen, früh von zu Hause wegzukommen. Dort war es nicht gut gewesen. Elias hatte immer das Gefühl gehabt, sein Vater und seine Stiefmutter konnten keine Kinder leiden. Er war nicht gut behandelt worden.

Seiner drei Jahre jüngeren Stiefschwester Sarah war es noch übler ergangen. Der Vater von Elias mochte das Mädchen von Anfang an nicht und ihre leibliche Mutter lehnte ihre Tochter ab, weil sie nach ihrem Vater kam, von dem sie sich hatte scheiden lassen.

Arme Sarah. Dabei war sie ein sehr ruhiges Kind gewesen und hatte nie Probleme gemacht.

Elias und Sarah hatten sich gut vertragen. Sie hatten nie Streit, wie er unter Geschwistern oft vorkam. Stattdessen hatten sie viel gemeinsam unternommen. Sie waren ins Freibad gegangen und als sie älter wurden, hatten sie sich von ihren Eltern abgesetzt und waren selbstständig zum Camping am nahen See gefahren.

Schon immer war Sarah auf dem Campingplatz barfuß gegangen. Kaum waren sie angekommen, zog sie ihre Schuhe aus und lief barfuß. Nur zum Duschen oder wenn sie zur Toilette ging, trug sie Flipflops.

Das war einer der Gründe, warum Elias so gerne mit seiner Familie und später allein ins Wochenendcamping gefahren war. Er fand nackte Mädchenfüße ungeheuer anziehend und bei Sarah konnte er so viel schauen wie er wollte. Er fand die Füße seiner Stiefschwester außerordentlich hübsch.

Elias brachte sein Rad in die Garage und ging duschen. Er drehte das Wasser auf sehr heiß, um den Schweiß abzuwaschen. Er musste an seine Stiefschwester denken. Er hatte Sarahs nackte Füße seit einem halben Jahr nicht mehr anschauen können. Vor einem Jahr war Sarah volljährig geworden und sechs Monate nach ihrem achtzehnten Geburtstag sang und klanglos verschwunden. Nach drei Wochen kam ein Brief, dass sie von nun an ihr eigenes Leben führen wollte.

Elias schnaubte. Er verstand seine Stiefschwester sehr gut. Immerzu hatte ihre Mutter darauf gedrängt, dass sie eine Steuerberaterin werden sollte, ein Beruf, den sie selber gerne ausgeübt hätte, was sie aber ihrer mangelnden Schulbildung wegen nicht konnte.

Von klein auf musste sich Sarah anhören, wie sie später mal als Steuerberaterin arbeiten würde. Ob das Mädchen das wollte, danach wurde nicht gefragt.

Statt Steuerberaterin zu lernen hatte Sarah nach der Schule eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin angefangen, was ihr böse Worte von den Eltern einbrachte. Immerzu hackten sie darauf herum, bis es Sarah zu dumm wurde und sie, kaum volljährig geworden, einfach verschwand.

Zu blöd, dass sie nicht mehr mitbekommen hat, wie ich Lottomillionär wurde, dachte Elias. Sie hätte zu mir auf den Hof ziehen können. Das Haus ist groß genug. Sie hätte im Anbauflügel leben können und hätte Ruhe vor den zwei alten Nörglern gehabt.

Aber Sarah hatte sich einfach in Luft aufgelöst.

Das tat Elias noch heute weh, weil er nämlich ein wenig in seine Stiefschwester verliebt war.

„Alles nur wegen den Alten!“, knurrte er und drehte die Dusche ab.

Er musste an den Nachmittag kurz vor Sarahs Verschwinden denken, als sie in der Fußgängerzone an der alten Kirche mit dem lebensgroßen Kruzifix vorbei spaziert waren. Damals hätte er es beinahe gewagt, Sarah von seinem geheimen Träumen zu erzählen.

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